Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 06/2021

Nachhaltigkeit 7 Ja, viele schon. Wir sehen eine hohe Investitionsfreude in erneuerbare Ener- gien, zum Beispiel in die Solaranlage auf dem Firmengebäude, aber auch in Elektromobilität im Unternehmensfuhr- park. Allein im Vorjahr hat mein Mi- nisterium Firmen mit 2,5 Millionen Euro für Investitionen in Solaranlagen und Batteriespeicher unterstützt. Weil es sich rechnet. Da fließt ganz schnell Rendite. Bei der Mobilität zeigt allein der Blick auf die Gesamtkosten pro Kilometer: Elektromobilität rechnet sich und ist inzwischen viel attraktiver als der Verbrenner. Das überzeugt immer mehr Unternehmen, klimaschonende und kosteneffektive Firmenwagen an- zuschaffen. Und wer sich unsicher ist, dem fördern wir Konzepte und Wirt- schaftlichkeitsberechnungen. Kann man mit Nachhaltigkeit Wert- schöpfung generieren? Ja. Viele Thüringer Unternehmen nutzen neue, lukrative Geschäftsfelder, die sich mit Klima- und Umweltschutz und da- mit Nachhaltigkeit verbinden lassen. So ist der Ausbau der erneuerbaren Ener- gien gut für das Handwerk, und auch im Bereich der Wasserstoffwirtschaft ent- stehen ganz neue Jobs. Das Einzige, das jetzt bremst, ist der sich abzeichnende Fachkräftemangel. Wir haben vor drei Jahren mit einer Umweltjobstudie aus- rechnen lassen, wie viele Arbeitsplätze es in Unternehmen gibt, die mit ihrem Produkt die Umwelt schützen. Es waren damals rund 60.000 Jobs in Thüringen. Heute liegt die Zahl nochmal deutlich höher. Das sind zum Beispiel auch Erwerbstätige in der Kreislauf- und Abfallwirtschaft, in energiesparenden Technologien, in der nachhaltigen Holzwirtschaft. Es gab nicht zuletzt auch im WIRT- SCHAFTSSPIEGEL Stimmen von Unter- nehmern, die beklagen, dass Nachhal- tigkeit sehr häufig mit Verzicht gleich- gesetzt wird. Dabei blickt man auch auf Ihre Partei. Was sagen Sie dazu? Müssen wir verzichten, um nachhaltig zu leben und zu wirtschaften? Und wenn ja, wo- rauf? Wir bewahren mit unseren Lebens- grundlagen ja die Wurzeln unseres Wohlstandes, wenn wir sie schützen. Das ist erstmal entscheidend. Wenn wir beim Klimaschutz versagen, nehmen wir künftigen Generation die Chance auf Freiheit und Wohlstand wie bisher – deshalb hat das Bundesverfassungs- gericht der Politik insgesamt konse- quenteren Klimaschutz aufgetragen. Und es kommt doch auf die Verände- rung an, ob ich sie als Verzicht oder Zu- gewinn an Lebensqualität empfinde. Saubere Luft durch E-Busse in Innen- städten ist sicher ein Gewinn, saubere Böden und Gewässer durch weniger Verschmutzung sind es auch. Nach- haltigkeit heißt ja erstmal lediglich, nicht rücksichtlos mehr zu verbrauchen als uns an natürlichen Ressourcen zy- klisch zur Verfügung steht. Also nicht auf Kosten der Umwelt oder der künfti- gen Generationen oder anderer Welt- gegenden zu leben, die von den Auswir- kungen unseres Handelns betroffen sind. Ich bin sehr froh, dass sich diese Einsicht durchsetzt. Manche Ihrer politischen Wettbewerber setzen auf die Kraft des Marktes. Kann der Markt das Problem endlicher Ressourcen wirklich lösen? Oder anders gefragt: An welchen Stellen ist Regu- lierung Ihrer Auffassung nach nötig? Ohne die Kraft des Marktes bekommen wir gar nicht die Innovationen, die für den klimaneutralen Umbau der Indus- triegesellschaft notwendig sind. Wirt- schaftskraft und Klima- beziehungswei- se Umweltschutz gehen doch Hand in Hand. Entscheidend ist, dass wir die richtigen Ziele setzen und die richtigen Leitplanken. Der Ausstieg aus der Kohle ist ein klares Ziel, auf das sich die Ener- gieunternehmen einstellen können. Fehlinvestitionen in fossile Gas- oder Ölinfrastruktur wird es nicht mehr ge- ben. Plus: Preise können ein starker Inno- vationstreiber sein, und es ist klar, dass Umweltverschmutzung oder klima- schädliche Produktionsweisen einen Preis haben. Sie sagen es: Es dreht sich alles ums Geld – aber eben in beide Richtungen. Nehmen wir einfach mal die Energie- preise, die alle Menschen jeden Tag an den Tankstellen nachvollziehen können – Stichwort CO 2 -Preis. Muss die Politik – egal ob Bund oder Land –Bürger und Unternehmen entlasten, um ihnen die Energiewende schmackhaft zu machen? Kann und will sie das überhaupt? Zunächst: Die Energiepreise haben ge- rade eine globale Dynamik – da suchen auch unsere Nachbarländer wie Frank- reich oder Spanien eigene Antworten. Die Preise gehen wegen der stark ge- stiegenen Nachfrage nach Corona, der Verknappung durch die fossile Energien liefernden Länder und nur zu einem Fünftel auf die CO 2 -Bepreisung zurück. Machen wir uns doch endlich unabhän- gig von schmutzigen und teuren Ener- gieimporten. Je mehr Energie wir selbst produzieren und gleich bei uns konsu- mieren, desto besser für die Umwelt und unsere Geldbeutel. Der CO 2 -Preis hat an der derzeitigen Dynamik einen relativ kleinen Anteil –aber natürlich ist Ohne die Kraft des Marktes bekommen wir gar nicht die Innovationen, die für den klimaneutralen Umbau der Industriegesellschaft notwendig sind. „ „

RkJQdWJsaXNoZXIy NDE3NTI=